Als Bürgermeisterkandidat bekomme ich viel Lob und Unterstützung, was mich unheimlich freut und mir zeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Hier und da erhalte ich aber auch Häme oder schier den Wunsch mich scheitern zu sehen. Ein Sprichwort sagt: Wer in der Küche arbeiten will, muss die Hitze aushalten können. Meistens wissen die Menschen aber nicht, was sich in der „heißen“ Küche so alles abspielt. Ich möchte mit mehr Transparenz dafür sorgen, dass die Fürstenwalderinnen und Fürstenwalder wissen, was hinter den Kulissen ihrer Stadt so passiert. Daher möchte ich an dieser Stelle mal ein paar grundsätzliche Zeilen zum Wahlkampf und zur politischen Kultur in Fürstenwalde schreiben.

Viele Parteieliten sind weit weg von der normalen Bevölkerung

Dass der sich noch mal zur Wahl stellende Amtsinhaber von einer extrem ungewöhnlichen Parteienkonstellation von DIE LINKE, SPD, FDP und AfD getragen wird, hat schon eine ganz besondere politische Ironie. Jedenfalls zeigt es meiner Meinung nach eines ganz deutlich: Dass manche politischen Eliten unserer Stadt ziemlich weit weg von der Bevölkerung sind. Einige der genannten Parteien kritisieren auf höheren politische Ebenen – zu Recht – eine Kultur des Aussitzens, Wegduckens und Wegsehens und unterstützen diese Kultur gleichzeitig in ihrer eigenen Stadt, anstatt mutig Fehler zu benennen und für Verbesserungen zu kämpfen.

Erfahrung als unmöglich zu erfüllende Voraussetzung

Mir wird immer vorgeworfen, ich habe kaum Erfahrung. Davon abgesehen, dass das Argument falsch ist und ich durchaus Erfahrungen in verschiedenen Bereichen vorweisen kann, wird ja umgekehrt ein Schuh draus: Denn wie soll jemals jemand in eine neue Position kommen, wenn die Voraussetzung dafür sein soll, Erfahrung in der Position zu haben?! Genau, es ist unmöglich. Mit der gleichen Argumentation dürfte man übrigens auch nicht das erste Mal Mutter oder Vater werden oder einen neuen Beruf anfangen oder überhaupt irgendwas Neues wagen. Mit der Logik wäre nie jemand Bundeskanzler, Bürgermeister, US-Präsident oder sonst was geworden. Das Argument „Erfahrung“ wird vor allem von denen vorgebracht, die es sich auf dem Stuhl, auf dem sie sitzen, bequem eingerichtet haben. Dabei vergessen sie ironischerweise, dass sie eines Tages selbst – natürlich ohne direkte Amtserfahrung – auf dem Stuhl Platz genommen haben.

Erfahrung ist hilfreich, aber sie ist nicht alles. Wenn in der Politik immer nur Erfahrung zählen würde, dann könnten die Amtsinhaber einfach auf Lebenszeit immer weitermachen, wie in einer Monarchie. Veränderung ist nicht automatisch gut, aber manchmal ist sie dringend notwendig. Da müssen Fenster aufgemacht und Türen aufgestoßen werden. Wenn sich die Luft im Raum verbraucht hat, dann muss frische Luft hereingelassen werden. Nicht umsonst lüftet man, wenn ein Raum stickig wird, die Konzentration nachlässt und die Müdigkeit kommt.

Nicht immer wird stickige, verbrauchte Luft aber als negativ empfunden. Jene, die sich darin bequem eingerichtet haben, merken vielleicht noch nicht mal, dass Lüftung dringend notwendig wäre, da alles so bequem und kuschelig ist. Leute, die von draußen reinkommen und etwas verändern und zum Beispiel die Fenster aufreißen wollen, müssen dann mit heftiger Gegenreaktion und Abwehr rechnen. Was für Störenfriede!

Fürstenwalde ist in einer ähnlichen Situation. Der Amtsinhaber ist seit 1994 entweder Kämmerer oder Bürgermeister der Stadt. In diesen 24 Jahren hat er sich zweifellos auch Verdienste erworben. Es ist jedoch auch viel schiefgegangen, mit steigender Tendenz. Normalerweise müssten die Fehler mit längerer Amtszeit doch abnehmen? Nicht unbedingt. Bei einer langen Autofahrt ist auch eher der Schluss gefährlich. Konzentration und Motivation nehmen ab, vieles wird zur falschen Routine. Negativbeispiele hierfür sind die beträchtlichen Mehrkosten bei der Rathaussanierung oder die verzockten Steuergelder in Höhe von rund 8 Millionen Euro. Müdigkeit wird zum Problem, ob im Auto oder im Rathaus. Neuer Schwung und eine neue Motivation von Mitarbeitern könnte da durchaus hilfreich sein. Das gilt für 10, 100 oder eben 300. Mitarbeiter brauchen Anerkennung und Motivation. Aber immer der gleiche Trott und ein einfaches „Weiter so“, das trägt nicht dazu bei.

Kannste‘ nicht machen – und dann geht es plötzlich doch

Wer etwas verändern möchte, wie das „Bündnis Fürstenwalder Zukunft“ (BFZ) und ich, der kämpft häufig gegen Windmühlen an. Kritische Fragen und neue Ideen sind nervig für die Etablierten. Auch in der Medienwelt hatten sich viele doch angenehm mit allem arrangiert. Der Status Quo hat viele Anhänger, die sich in ihm bequem eingerichtet haben. Schlagendes Gegenargument: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Zweites Argument: „Das geht doch gar nicht, was der Rudolph da vorhat.“ Da fällt mir sofort der Spruch ein: „Alle sagten immer, nein das geht nicht, das kannste nicht machen. Und dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.“

Es ist die Aufgabe von Stadtverordneten, die Verwaltung und an deren Spitze, den Bürgermeister, zu kontrollieren. Dafür sind sie gewählt! Das BFZ kommt dieser Aufgabe nach, was natürlich den Dornröschenschlaf der Stadt stört. Auf diese Störung wird dann sehr heftig von jenen reagiert, die lieber nicht unsanft geweckt werden möchten. Das gilt auch für jene Medien, die in der Vergangenheit eigentlich dort hätten hinsehen müssen, wo sie lieber weggesehen haben und auch mal kritische Artikel hätten veröffentlichen müssen. Die heftigen Gegenreaktionen sind letzte Zuckungen eines Systems, das lange für alle gut funktioniert hat, die ihm angehören. Doch die Stadt gehört allen Bürgern! Die Einwohner von Fürstenwalde Nord oder des Heidelandes oder viele „kleine“ Vereine beispielsweise werden seit Jahren mit ihren Interessen ignoriert oder hingehalten, da sie keine Lobby haben.

Politik von oben herab hat sich überdauert – die Leute wollen mitentscheiden

Ich bin sehr viel unterwegs draußen, mache Hausbesuche und versuche auf der Straße mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Dabei fällt etwas Erschreckendes auf: Viele Fürstenwalder haben es satt mit halbgaren und fadenscheinigen Argumenten mehr oder weniger für dumm verkauft zu werden und haben sich deshalb von der Stadtpolitik abgewandt. Motto: Die machen doch eh was sie wollen. Es wird häufig einigen ausgesuchten Unternehmen und Vereinen nach dem Mund geredet und der große Rest fällt hinten runter, wird ignoriert oder nicht angemessen gewürdigt. Diese politische Kultur, die hier gepflegt wird und gegen die ich ankämpfe, hat sich überdauert und sich selbst ihre Daseinsberechtigung genommen. Die Leute wollen mitgenommen und überzeugt werden. Sie wollen sich einbringen, mitdiskutieren und ihre Stadt lebenswert gestalten.

Das BFZ hat diesen Wünschen eine Stimme gegeben und wurde bei der Kommunalwahl prompt mit fünf Stadtverordneten – ohne Erfahrung (sic!) – in das Stadtparlament gewählt. Spätestens da hätte es den Etablierten dämmern müssen, dass sich gerade etwas ändert, dass es kein „Weiter-So“ mehr geben kann. An der politischen Kultur hat sich aber so gut wie nichts geändert! Statt die Fenster wenigstens mal zu kippen, damit ein bisschen frische Luft rein kommt, hat man das BFZ und seine Fraktionsmitglieder die meiste Zeit bekämpft, fast egal wie sinnvoll die Vorschläge waren. Gewiss trifft das nicht immer und auf alle zu, aber leider viel zu oft auf viel zu viele Stadtverordnete und Fraktionen.

Inhaltliche Kritik wird zur angeblichen „Schlammschlacht“ aufgebauscht anstatt in die inhaltliche Debatte zu gehen

Sicher war die ein oder andere von mir oder auch von anderen vorgetragene Kritik an der Amtsführung und den Handlungen des Bürgermeisters und der Stadtverordneten sehr pointiert und manchmal auch etwas zu heftig – das räume ich gerne ein. Ich werde auch als Bürgermeister – sollte ich gewählt werden – sicher Fehler machen und vor allem habe auch ich nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen und stehe selbstverständlich dazu. Umgekehrt frage ich mich aber, wann die kritische Selbstreflexion bei den anderen Stadtverordneten und manchen Medienvertretern einsetzen wird. Während ich in den vergangenen Jahren viel gelernt habe und keine persönliche, sondern inhaltliche Kritik vorbringe, werden die Attacken gegen mich mehr. Vor allem im Wahlkampf.

Die Ironie daran ist, dass mir – ohne meinen Namen zu nennen – vorgeworfen wird, mit Schmutz gegen den Amtsinhaber zu werfen. Dabei mache ich das, was in einer Demokratie mit anständiger politischer Kultur selbstverständlich sein sollte: Missstände ansprechen und alternative Ideen bereithalten. Es ist ein sehr durchschaubares Manöver mich diskreditieren zu wollen, in dem man mir unterstellt, dass ich den inhaltlichen Konflikt auf eine persönliche Ebene hebe, getreu dem Motto: „Wir haben keine Lust uns mit der inhaltlichen Kritik von Rudolph auseinanderzusetzen, also behaupten wir einfach er greift den Bürgermeister persönlich an“. Nun wahr ist ja genau das Gegenteil: Auf meine inhaltliche Kritik reagieren die meisten nicht, sondern unterstellen mir nur persönliche Angriffe gegen den Amtsinhaber, die sie aber nicht belegen können. Sie versuchen durch solche Manöver abzulenken und Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen, damit sie keine inhaltliche Stellung beziehen müssen. Um zu unterstreichen, dass ich kein persönliches Problem mit irgendeinem Politiker habe, gehe ich gerne mit dem Bürgermeister auch mal ein Bier trinken, in der Hoffnung, dass er mir dann all die ungeklärten inhaltlichen Fragen beantwortet. Denn die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt.

Attacken gegen mich sind ein klares Zeichen für dringend benötige Frischluftkur in FW

Die Attacken auf mich wären kaum so heftig, wenn ich keinen Nerv getroffen hätte. Souverän und siegessicher ist das bisher regierende System offenbar nicht mehr. Dafür ist der Wille nach einer Veränderung in Fürstenwalde inzwischen zu stark geworden. Der Bürgermeister und alle ihn tragenden Parteien und Medien stehen jedoch für den Status Quo und wollen diesen gerne erhalten. Es ist Zeit für Veränderung, Fürstenwalde muss die Fenster und Türen aufreißen und endlich frische Luft und neue Ideen hereinlassen. Und das ist keine Angelegenheit zwischen Parteien oder Wählervereinigungen, das ist ein Bürgerrecht und eine Bürgerpflicht!

Helft mir, damit das gelingen kann. Vielen Dank!

Euer / Ihr Matthias Rudolph